Camille Saint-Saëns Weihnachtsoratorium
Consurge (Quintett und Chor, Nr. 9)
Dieser Satz mit der Überschrift „Quintette et Choeur“ ist dreigeteilt und beginnt zunächst quasi identisch zum Präludium, ebenfalls mit der Orgel im Oboenregister. Durch diese Reprise schafft Saint-Saëns Struktur im übergeordneten Werk. Nach dem ersten Thema in G-Dur wird die Reprise des Präludiums allerdings stark abgekürzt; spätestens als man das bereits bekannte gezupfte D aus der Richtung der Kontrabässe nicht als Grundton der Tonika, sondern als jener eines Dominantseptakkordes vernimmt, wird klar, dass es nun anders weitergehen wird.
Im Mittelteil tritt das Solist:innenquintett in Erscheinung. Zum Text „Consurge, Filia Sion! Lauda in Nocte, in principia vigiliarum, allelujah“ (Steh auf, Tochter Zion, des Nachts und zu Beginn der Nachtwache und rufe laut: Halleluja. Steh auf, Tochter Zion! Lobe in der Nacht zu Beginn der Mahnwache, Halleluja) schreibt Saint-Saëns Musik, die in ihrem hoffnungsvoll-ernsthaftem Charakter die spirituelle Dimension der Weihnachtsbotschaft einfängt. Das Pastoralthema aus dem Präludium wird hierbei geschickt auf zwei neue Themen fragmentiert, wodurch sich neue musikalische Gedanken entfalten können, ohne einen zu starken Kontrast zum bisher gehörten zu bilden (vgl unten). Die „Allelujah“-Zwischenrufe vom Chorunterstreichen in ihrer Schlichtheit (quasi a cappella mit Verbindungen aus dem Streichapparat) diese Atmosphäre der Andacht.
Erst zum Schluss des Satzes schafft der Komponist den zuvor vermiedenen Kontrast; „Egrediatur ut splendor iustus sion, et salvator eius ut lampas accendatur“ (Lass ihn hervortreten wie der gerechte Glanz Zion, und sein Retter werde wie Lampen entzündet) lautet die textliche Aufforderung, deren Dringlichkeit durch beharrliche Tonwiederholungen des Chors über bedrohlich langsam wechselnde Tremolo-Akkorde der Streicher:innen unterstrichen wird. So endet dieser vorletzte Satz dann auch auf einem unschlüssigen Halbschluss in G-Moll, der vor dem finalen Satz noch einmal die volle Aufmerksamkeit des Publikums bündelt.